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Mitbestimmen beim Urlaub

Wie der Betriebsrat beim Urlaub mitbestimmt, die neueste Rechtsprechung im Blick hat und zu einer besseren Urlaubsplanung im Betrieb beiträgt, erfahren Sie von unseren Experten Marc-Oliver Schulze und Tatjana Volk.

Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) regelt den gesetzlichen Mindesturlaub der Beschäftigten. Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beträgt der jährliche Erholungsurlaub mindestens 24 Tage. Doch aufgepasst: Die Vorschrift geht von einer 6-Tage-Woche aus. Bei einer 5-Tage-Woche beträgt der gesetzliche Urlaub im Jahr nur 20 Tage.


Urlaub zur gewünschten Zeit

Der Arbeitgeber muss den Urlaub unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festlegen. Den Urlaub zum gewünschten Zeitraum kann er nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Belange oder Belange anderer, sozial schutzwürdigerer, Arbeitnehmer entgegenstehen. Der Jahresurlaub muss nach § 7 Abs. 3 BUrlG im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine Übertragung ist bis zum 31.3. des Folgejahres möglich, wenn der Urlaub aus persönlichen oder betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte, beispielsweise bei länger andauernder Krankheit. Urlaubstage, die zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht genommen wurden, sind finanziell abzugelten.


EuGH zum Urlaubsrecht

Das Urlaubsrecht ist zunächst deutsches Recht. Über die Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union (EU) gestaltet der Europäische Gerichtshof (EuGH) jedoch vieles auf diesem Gebiet mit. So wurde bereits 2009 in der Rechtssache »Schultz-Hoff« entschieden, dass dem Mitarbeiter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nach dem 31.3. des Folgejahres ein Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht, wenn er während des gesamten Kalenderjahres und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon erkrankt war (EuGH 20.1.2009 – C-350/06, C-520/06).

Daran schloss sich eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) an, nach welcher der Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis bei andauernder Krankheit nicht nach dem 31.3. des Folgejahres verfällt (BAG 7.8.2012 – 9 AZR 353/10). Der Urlaub verfällt aber spätestens 15 Monate nach dem Ende des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist. Das BAG hatte sich bei dem Zeitraum an eine vorangegangene Entscheidung des EuGH angelehnt, in der ein Verfall nach 15 Monaten als zulässig angesehen wurde (EuGH 22.11.2011 – C-214/10).


Aktuelle Rechtsprechung

Diese Rechtsprechung wurde aktuell vom EuGH und BAG fortgeführt. Entgegen § 7 Abs. 3 BUrlG verfällt der Urlaub unabhängig von einer Erkrankung des Arbeitnehmers nicht automatisch mit Ende des Kalenderjahres. Denn der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter auf den drohenden Verfall seines Urlaubs hinweisen und ihm die Möglichkeit geben, diesen auch tatsächlich zu nehmen. Unterbleibt das, verfällt der Urlaub nicht (EuGH 6.11.2018 – C-648/16; EuGH 6.11.2018 – C-619/16; BAG 19.2.2019 – 9 AZR 541/15).


Mitbestimmung des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht zu Art und Umfang des Urlaubs. Hierzu gibt es bereits zwingende Regelungen im Gesetz sowie in Arbeits- und Tarifvertrag. Das Gesetz sieht aber nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG eine Mitbestimmung bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze, des Urlaubsplans und der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs einzelner Arbeitnehmer, wenn kein Einvernehmen erzielt werden konnte, vor. Durch dieses Mitbestimmungsrecht soll dem innerbetrieblichen Ausgleich zwischen betrieblichen Belangen und Urlaubswünschen der Beschäftigten, auch im Verhältnis untereinander, Rechnung getragen werden.

Gesetzliche Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens im Zusammenhang mit Urlaubsansprüchen gibt es nicht. Die Betriebsparteien können die Materie selbstständig regeln. Dem Betriebsrat kommt dabei ein Initiativrecht zu. Er kann den Arbeitgeber also selbst zu Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zur Urlaubsplanung auffordern und bei Nichteinigung mit dem Arbeitgeber sein Mitbestimmungsrecht über die Einigungsstelle durchsetzen.


Quelle: www.bund-verlag.de