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Wann rechtsextreme Aktivitäten ein Kündigungsgrund sind

Politische Aktivitäten eines Arbeitnehmers in dessen Freizeit, selbst aktives Zurschaustellen einer rechtsradikalen Einstellung, berechtigen den Arbeitgeber nicht ohne weiteres zur Kündigung. Nur wenn der Arbeitgeber nachweist, dass das Verhalten des Arbeitnehmers den Betriebsfrieden stört, sieht die Sache anders aus – so das LAG Niedersachsen.

Was ein Arbeitnehmer in der Freizeit tut, geht den Arbeitgeber eigentlich nichts an. Es gilt der Grundsatz: Außerdienstliches Verhalten kann eine Kündigung eigentlich auch nicht rechtfertigen. Unliebsames Verhalten müssen die Arbeitgeber meist akzeptieren, auch wenn es ihnen missfällt. Doch so einfach ist es nicht.


Das war der Fall

Der Arbeitgeber, hier die Volkswagen AG; kündigte einem Arbeitnehmer, weil er im Kontext von rechtsradikalen und verfassungsfeindlichen Aktivitäten gesehen wurde. Auslöser war ein Vorfall in Mallorca: In einer dortigen Diskothek hatte eine Personengruppe, mit der der Arbeitnehmer offenbar in engem Kontakt stand, eine der Reichskriegsflagge nachempfundene Flagge ausgerollt. Das fremdenfeindliche Verhalten des Arbeitnehmers sowie seine Zugehörigkeit zur rechtsradikalen Szene waren auch in seinem Heimatort durch zahlreiche Medien publik geworden. Über den öffentlichen Bereich seines Facebook-Profils habe er fremdenfeindliche Äußerungen geteilt.


Das sagt das Gericht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) erklärte die Kündigung für unwirksam. Die Anforderungen an eine verhaltensbedingte Kündigung sind – so die Richter - hoch, wenn es sich um ein außerdienstliches Verhalten handelt. Es müssen arbeitsrechtliche Pflichten verletzt sein. Die moralische und strafrechtliche Bewertung des außerdienstlichen Verhaltens allein sind nicht ausschlaggeben. Hier können die Richter keine Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten feststellen.

Dass die Kollegen sich an seiner Gesinnung störten, reiche nicht. Denn es handele sich weder um einen öffentlichen Arbeitgeber noch um einen Tendenzbetrieb, für die besondere Anforderungen gälten. Insbesondere sei durch sein Verhalten der »betriebliche Ablauf« nicht nachweisbar gestört. Der Arbeitnehmer könne seine Weiterbeschäftigung verlangen, da auch keine hinreichenden Gründe gegeben seien, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.


Das muss der Betriebsrat beachten

Privates Verhalten ist außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers – und damit auch des Betriebsrats. Eine verhaltensbedingte (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung allein wegen der Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei ist daher nicht zulässig. Es muss sich ein Bezug zum Arbeitsverhältnis herstellen lassen. Bei rechtsextrem veranlagten Kollegen, müsste daher der Nachweis gelingen, dass durch ihre Gesinnung und ihr Verhalten im Arbeitsverhältnis »konkrete Störungen« (nicht nur abstrakt) auftreten. Darauf müsste das Augenmerk in der Beweisführung gelegt werden.


Quelle: www.bund-verlag.de