7 Fragen zum Arbeiten bei Hitze
Der Sommer ist zurück! Das freut die Urlauber, aber was ist mit denen, die nicht an den nächsten Strand oder ins Freibad enteilen können? Arbeitgeber und Dienstherren müssen Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn es im Büro heiß und stickig wird oder das Arbeiten im Freien nicht mehr auszuhalten ist. Beim Arbeitsschutz können der Betriebsrat oder der Personalrat mitbestimmen. Wir haben Ihnen die 7 wichtigsten Fragen zum Arbeiten bei Hitze beantwortet.
1. Gibt es in Innenräumen eine Obergrenze für die Raumtemperatur?
Ja. Fakt ist, dass das Arbeiten bei extremer Hitze zu Gesundheitsbelastungen führen kann. Der Arbeitgeber oder Dienstherr muss dafür Sorge tragen, dass das nicht passiert und daher den Arbeitsplatz so einrichten, dass keine Gefährdungen durch Hitze vom Arbeitsplatz ausgehen (§ 3a ArbStättV). Daher hat er auch bei hohen Temperaturen eine Fürsorgepflicht. Er muss für eine »gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur« sorgen. So steht es in Ziff. 3.5. des Anhangs zur neuen Arbeitsstättenverordnung. Was allerdings eine »zuträgliche Raumtemperatur« genau ist, sagt das Gesetz nicht. Allerdings gibt es Vorgaben in den sogenannten »Technischen Regeln für Arbeitsstätten« (ASR A), hier in Ziffer 3.5., die die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung konkretisieren und viele detaillierte Hinweise für die Raumtemperatur in den Arbeitsstätten eines Betriebs enthalten. Danach gilt für Büroräume eine Raumtemperatur von maximal 26 Grad noch als »zuträglich«. Bei Temperaturen darüber muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen ergreifen.
2. Welche Maßnahmen sollte der Arbeitgeber ergreifen?
Bei starker Sonneneinstrahlung müssen alle Sonnenschutzsysteme genutzt werden. Außenjalousien müssen vollständig herabgelassen werden, Blendschutzlamellen an den Fenstern sollten zugezogen werden. Häufiges Lüften ist zudem empfehlenswert, sofern das zum Abkühlen führt. Außerdem sollte der Arbeitgeber Ventilatoren am Arbeitsplatz bereitstellen sowie die Mitarbeiter zwingend auf deren Nutzung hinweisen.
Es sind kostenlose Kaltgetränke bereitzustellen; auf die Notwendigkeit erhöhter Flüssigkeitszufuhr ist hinzuweisen. Befinden sich freie Arbeitsplätze in Arbeits- und Pausenräumen mit von der Sonne abgewandter Lage, sind Mitarbeiter – sofern möglich – auf diese zu versetzen. Daneben können den Mitarbeitern weitere Maßnahmen empfohlen werden: z. B. gelegentliches Abkühlen durch Überströmen der Hände/Unterarme mit kaltem Wasser (Waschbecken), Nutzung der Pausen zur Abkühlung und Entspannung.
Damit diese Maßnahmen rechtsverbindlich und auch – im Notfall – rechtlich durchsetzbar sind, sollte der Betriebsrat sie in einer Betriebsvereinbarung, der Personalrat in einer Dienstvereinbarung verankern.
- Alles zu den Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats lesen Sie im Titelthema »Gesundheitsschutz - Maßnahmen gegen Hitze« in der aktuellen »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2019, S. 10-18. Hier können Sie eine Testausgabe anfordern und die Beiträge online lesen.
- Hier geht's zum Merkblatt für Sommerhitze, das die BAuA erstellt hat.
3. Muss eine Gefährdungsbeurteilung vor Ergreifen der Schutzmaßnahmen erfolgen?
Nein. Häufig behaupten Arbeitgeber, dass Maßnahmen zur Wärmeentlastung das vorherige Durchführen einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG erfordern. Das ist aber nicht der Fall. Denn Gefährdungsbeurteilungen werden langfristig geplant und nur selten bei akuter Hitze vorgenommen. Zudem liegen gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse vor (in Gestalt der ASR A 3.5.), dass Arbeiten bei Hitze gesundheitsschädlich ist und daher Gegenmaßnahmen zu ergreifen sind. Es geht daher nur darum festzustellen, ob die jeweiligen Temperaturstufen erreicht sind, da hierdurch die jeweiligen Maßnahmen ausgelöst werden können.
- Praxistipp: Dennoch ist es immer ratsam, auch für diese akuten Hitzefälle eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und alle dann notwendigen Maßnahmen in einer Betriebsvereinbarung zu verankern.
- Lesetipp: Aktuelle Tipps zum Arbeitsschutz bei Sonne und Hitze von Rechtsanwältin Nadja Häfner-Beil fnden Sie im Informationsdienst »Arbeitsschutz und Mitbestimmung« 6/2019.
- Arbeitshilfe: Immer noch brandaktuell ist die Muster-Betriebsvereinbarung zum Arbeiten bei Hitze. Diese finden Sie gedruckt in Ausgabe 7/2018 oder im Online-Archiv des Informationsdienstes. Hier erfahren Sie mehr und können eine Testausgabe anfordern!
Wichtiger Hinweis für Personalräte:
Die Mitbestimmung des Personalrats setzt dann ein, wenn die Dienststellenleitung aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ergreifen will.
4. Kann ein Verlegen der Arbeitszeit sinnvoll sein?
Ja. Das Verlegen der Arbeitszeit in die frühen und kühleren Morgenstunden kann Abhilfe schaffen. Es kann ratsam sein, die Arbeitszeiten in den sommerlichen Hitzeperioden insgesamt zu verkürzen. So könnte der Betriebsrat vorschlagen, dass bei einer Raumtemperatur über 26 Grad nur noch maximal 6 Stunden gearbeitet wird, bei über 30 Grad nur noch 4 Stunden gearbeitet wird. Bei vollem Lohnausgleich – selbstverständlich. Sinnvoll sind auch stündliche Arbeitspausen. Oder der Arbeitgeber kann vorschlagen, den Großteil der Arbeit ins Homeoffice zu verlagern. Am besten regeln Betriebsräte und Personalräte all diese Fälle in einer Hitze-Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung.
5. Gibt es Hitzevorgaben für Arbeiten im Freien?
Ja. Fakt ist, dass das Arbeiten im Freien eine ganz besondere Belastung bei Hitze darstellt. Neben der Hitze stellen dann auch UV-Strahlen und die Ozonbelastung eine erhebliche Gefahr dar. Und vor allem: auch die besten Schutzmaßnahmen reichen oft nicht aus, um die Gefahren vollständig einzudämmen. Daher muss hier in jedem Fall eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, um langfristig Maßnahmen festzulegen.
Bei Arbeiten über 25 Grad im Schatten müssen die Beschäftigten über die Gefahren informiert werden. Der Arbeitgeber muss permanent das Befinden der Beschäftigten überprüfen. Bei extremen Temperaturen sollte auf schwere Arbeiten verzichtet oder diese in die frühen Morgenstunden verlegt werden. Der Arbeitgeber sollte Kopfbedeckungen, Sonnenbrillen mit UV-Filter und Sonnenschutzcreme zur Verfügung stellen.
Auf Baustellen ist auf ausreichend Beschattung zu achten. Die Arbeitszeiten sind anzupassen, der Arbeitsbeginn kann in die frühen Morgenstunden verlegt werden. Pausen sind einzurichten.
6. Besteht ein Recht auf Hitzefrei?
Nein. Ein Recht auf Hitzefrei oder gar auf eigenmächtiges Fernbleiben vom Arbeitsplatz besteht jedenfalls nicht automatisch. Auch nicht bei extremen Temperaturn über +35 °C Sollte der Arbeitgeber aber – was hoffentlich selten ist – sich jeglicher Schutzmaßnahmen verweigern und damit das gesundheitsschädliche Arbeiten tatenlos dulden, dann ist zu überlegen, ob ein Arbeiten noch zumutbar ist. Aber Betriebsrat oder Personalrat sollten durch schnelles Handeln und konstruktive Vorschläge den Arbeitgeber/Dienstherrn dazu bringen, Maßnahmen zu ergreifen.
7. Hat der Betriebsrat bei Hitze-Maßnahmen immer ein Mitbestimmungsrecht? Was gilt für den Personalrat?
Ja. Wichtigste Norm im Zusammenhang mit Hitze-Maßnahmen ist § 3a AbStättV. Danach muss der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen gegen extreme Hitze ergreifen. Gesundheitsgefahren für die Beschäftigten sind zu vermeiden. Bei der Wahl dieser Maßnahmen hat der Arbeitgeber einen Handlungsrahmen, er kann zwischen verschiedenen Maßnahmen wählen.
Immer dann, wenn dies im Arbeitsschutz der Fall ist, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Und zwar nach enthält § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Da es sich um ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht handelt, kann und sollte der Betriebsrat auch von sich aus inititativ werden und Maßnahmen vorschlagen. Sollte der Arbeitgeber sich verweigern, bleibt nur der Gang zur Einigungsstelle.
Die maßgebende Mitbestimmungsvorschrift für den Personalrat ist § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG. Danach hat der Personalrat, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen, mitzubestimmen über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen. Die Mitbestimmung ist nur ausgeschlossen, wenn die angedachte Maßnahme bereits durch eine gesetzliche oder tarifliche Regelung vorgegeben ist. Das ist bei Maßnahmen zum Arbeitsschutz regelmäßig nicht der Fall. Die gesetzlichen Vorgaben enthalten meist nur Rahmenvorschriften. Welche Schutzmaßnahmen dann zum Beispiel gegen Hitze ergriffen werden, ist zusammen mit dem Personalrat zu entscheiden.
- Lesetipp: Das Mitbestimmungsrecht des örtlichen Betriebsrats bei Fragen von Raumklima, Hitzeschutz und Dienstkleidung hat das BAG noch im Jahr 2017 wieder bestätigt. Hier nachzulesen: Kein Krawattenzwang bei großer Hitze (BAG 18.7.2018 - 1 ABR 59/15).
Literaturtipps zum Arbeiten bei Hitze:
- »Hitze am Arbeitsplatz« (Tipps für eine Betriebsvereinbarung zur Wärmeentlastung) von Rechtsanwalt Jens Gäbert in Arbeitsrecht im Betrieb 6/2019, S. 10-16.
- »Heißer Arbeitsplatz« (Tipps für den Arbeitschutz auf Hitzearbeitsplätzen) von Vadim Lenuck (IG BCE) in Arbeitsrecht im Betrieb 6/2019, S. 17-18.
- Weitere praktische Tipps zum Hitzeschutz im Sommer und bei hitzegeneigter Arbeit finden Sie in Gute Arbeit 4/2018 (Sommer, Sonne, Hitze) in den Titelbeiträgen von Jens Gäbert, Max Oberberg, Janett Khosravie-Hohn und Alenka Tschischka. Hier ein Überblick!
Weitere Informationen:
- Kostenloses Dossier "Hitze im Betrieb": Jetzt kostenlos anfordern
- Sommerhitze im Büro: Hinweise und Tipps (BAuA)
- Empfehlungen für heiße Sommertage in Arbeitsstätten (BAuA)
- Merkblatt zur Sommerhitze
Quelle: www.bund-verlag.de