Hass und Hetze entgegentreten
Wir alle kennen das, ob als Kollegin, Mitarbeiter oder Betriebsrat: Rassistische und diskriminierende Sprüche sind Gift für jeden Betrieb. Gerade hier treffen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und weltanschaulicher Einstellung aufeinander. Warum Betriebsräte gezielt gegen Diskriminierung vorgehen sollten und wie das gelingt, lesen Sie im Beitrag »Dem Hass entgegentreten« von Matti Riedlinger in Arbeitsrecht im Betrieb 6/2019.
Klar ist, dass die Belegschaft eine Schnittmenge der Gesellschaft ist. Ändert sich die Stimmung innerhalb der Bevölkerung, führt das zwangsläufig auch dazu, dass diese Themen auch im Betrieb diskutiert werden. Politische, gesellschaftliche und soziale Diskussionen sind dabei ausdrücklich zu begrüßen, solange sie im sachlichen Rahmen bleiben und andere Menschen nicht diskriminieren. Jedoch hat der politische Diskurs in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Schwelle für diskriminierende Bemerkungen immer weiter gesunken ist. Dabei kann Diskriminierung im Betrieb viele Gesichter haben: Vom Meiden oder Schneiden bestimmter Beschäftigter, über non-verbale Kommunikation und Sprüchen oder Witzen, bis hin zu menschenfeindlichen Parolen. Insbesondere Äußerungen in den sozialen Netzwerken haben dabei in der jüngeren Vergangenheit immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt. So führten hetzerische, sexistische oder rassistische Veröffentlichungen vermehrt zu Abmahnungen oder gar Kündigungen. Vor allem global organisierte oder handelnde Unternehmen stellen sich regelmäßig konsequent gegen jede Art von Diskriminierung – nicht allein weil sie es als wichtigen Wert in ihren Ethik-Richtlinien verankert haben.
Keine Diskriminierung im Betrieb
Diskriminierung zu unterbinden, ist nach Ansicht des Gesetzgebers explizite Aufgabe von Arbeitgeber und Betriebsrat, § 75 BetrVG. Gerade dem Betriebsrat kommt hierbei eine besondere Rolle zu. Während der Arbeitgeber häufig als erstes wirtschaftliche Interessen verfolgt, sollte für den Betriebsrat stets der Mensch im Mittelpunkt stehen. Das ergibt sich ausdrücklich auch aus dem § 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, in dem es Aufgabe des Betriebsrats ist, Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb fördern und Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen.
Der Schutz und die gezielte Förderung besonderer Personengruppen sind nicht nur „Beiwerk“ der täglichen Betriebsratsarbeit, sondern sogar zwingende Pflicht. Zudem ist es eine zentrale Aufgabe des Betriebsrats, die Einhaltung der gelten Rechtsnormen zu überwachen, wie beispielsweise Persönlichkeitsrechte aus dem Grundgesetz, Antidiskriminierungsgesetz, Diskriminierungsschutz aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz.
Der Gesetzgeber geht sogar noch weiter: Rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung stellen nicht nur einen Widerspruchsgrund bei einer personellen Einzelmaßnahme nach § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG dar, sondern der Betriebsrat kann sogar proaktiv die Entlassung oder Versetzung betriebsstörender Arbeitnehmer nach § 104 BetrVG verlangen.
Gesellschaftspolitische Dimension
Neben dem gesetzlichen Auftrag steht auch noch ein politischer Auftrag, Diskriminierung zu unterbinden. Für eine betriebliche und gewerkschaftliche Interessenvertretung sollte es klar sein, dass Menschen nicht anhand von Hautfarbe, Nationalität, Herkunft, Geschlecht, Lebensweise, sexueller Orientierung oder religiöser Zugehörigkeit unterteilt werden. Stattdessen sollten gleiche Bedingungen für alle innerhalb der Belegschaft gelten. Dafür kann der Betriebsrat zusammen mit der Gewerkschaft einstehen. Nicht nur historische Aspekte (Deportation von Gewerkschafterinnen in der NS-Zeit, Enteignung von Gewerkschaften durch die Nazis) sprechen dafür, sondern auch gesellschaftspolitische Gründe: Lassen sich Belegschaften aufspalten, verlieren sie an Druckpotenzial gegenüber dem Arbeitgeber. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Tarifpolitik und die damit verbundenen Entgeltverhandlungen. Hier stellt sich also die Frage, wem nützt Diskriminierung tatsächlich?
Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats
Möchte das Betriebsratsgremium aktiv gegen Diskriminierung vorgehen, sollte es zunächst das eigene Verhalten hinterfragen. Wurden bisher alle Beschäftigten gleich behandelt? haben sich in Betriebsversammlungen alle angesprochen und eingebunden gefühlt? Wie war der Umgang mit Sprüchen und Witzen im Gremium? Als nächstes sollte sich das Gremium klar machen, dass Anti-Diskriminierungsarbeit keine Zusatzaufgabe, sondern eine gesetzliche Pflicht für den Betriebsrat darstellt. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass sich Populisten oftmals gestärkt fühlen, wenn versucht wird, ihre Argumente zu wiederlegen. Zudem wird der Betriebsrat dann als »Establishment« verhöhnt. Um diesem Dilemma zu entgehen, sollte sich das Gremium überlegen, wie es sich zum Thema fortbilden kann. Interessante Angebote gibt es bei den Gewerkschaften. Oftmals finden diese Fortbildungen nach § 37 Abs. 7 BetrVG statt, wie beispielsweise die Respekt-Seminare der IG Metall. Gegebenenfalls lässt sich dieses Thema auch in einer Klausurtagung des Betriebsrats erarbeiten.
Wie der Betriebsrat dauerhaft Haltung zeigen kann und wie er die Belegschaft erfolgreich einbinden kann, erfahren Sie in dem Beitrag »Dem Hass entgegentreten« von Matti Riedlinger in »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2019 ab Seite 29. Hier gehts zur aktuellen Ausgabe.
Quelle: www.bund-verlag.de