Vertrauensschutz für Dienstwohnung
Kann der Arbeitnehmer noch über Jahre nach Ende seines Arbeitsverhältnisses in seiner Dienstwohnung bleiben, ensteht Vertrauensschutz: Ein späterer Erwerber der Wohnung kann sich nicht mehr auf »Betriebsbedarf« berufen, um die Wohnung freizukündigen - so das Amtsgericht München.
Das Mietrecht für eine Dienstwohnung endet in der Regel mit dem Arbeitsverhältnis. Setzen der Arbeitgeber bzw. ein späterer Erwerber der Wohnung das Mietverhältnis aber noch über ein Jahrzehnt fort, kann die Miete nicht mehr »wegen Betriebsbedarfs« gekündigt werden.
Räumungsklage gegen Assistenzarzt
Der Beklagte arbeitete als Assistenzarzt in einem Klinikum in München. Anfang 2006 mietete er als Dienstwohnung eine öffentlich geförderte Ein-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 24,7 qm in München-Cosimapark.
Seine Arbeitgeberin, die Landeshauptstadt München, hatte die Wohnung ihrerseits von einer Wohnungsbaugesellschaft angemietet. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Landeshauptstadt München endete Mitte 2007. Erst ein Jahrzehnt später kündigte die Rechtsnachfolgerin der Wohnungsbaugesellschaft das Mietverhältnis wegen Betriebsbedarfs zum 31.10.2018.
AG München: Mieter genießt Vertrauensschutz
Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab dem Beklagten Recht und wies die Räumungsklage ab.
Die Wohnungsbaugesellschafter sei zu keiner Zeit Arbeitgeberin des Mieters gewesen, so dass schon deshalb von vornherein eine Kündigung »wegen Betriebsbedarf« ausscheide. Veräußert der Arbeitgeber die Dienst- oder Werkwohnung an einen Dritten, so dass das Mietverhältnis mit dem Erwerber fortgesetzt wird, könne sich dieser nicht mehr auf einen Betriebsbedarf berufen.
Die Kündigung sei darüber hinaus auch gemäß § 242 BGB wegen Verwirkung unwirksam. »Verwirkt« im Sinne von § 242 BGB ist ein Recht, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet habe und sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht gelten machen werde.
Danach habe der beklagte Arzt ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass der Mietvertrag als unbefristetes Mietverhältnis fortgeführt werde, wenn die Erwerberin jedenfalls erst ca. 11 Jahre nach Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten eine ordentliche Kündigung in Bezug auf die Werkmietwohneigenschaft ausspricht.
Unwissen des Erwerbers geht nicht zu Lasten des Mieters
Deutliche Kritik übt das Gericht daran, dass die Landeshauptstadt München als Arbeitgeberin die Erwerberin der Wohnung erst mit zehn Jahren Verspätung über das Ende des Arbeitsverhältnisses informiert hatte. Dieses »eklatante Kommunikationsdefizit« könne nicht zu Lasten des Mieters gehen.
Der Beklagte durfte berechtigt davon ausgehen, dass die neue Vermieterin die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade nicht als Kündigungsgrund heranziehen wollte. Denn innerhalb der ca. 11 Jahre habe sie auch mehrfach mietvertragliche Nachträge und Verhandlungen über einen neuen Mietvertragsschluss geführt.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: www.bund-verlag.de