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Arbeitnehmer haben Anspruch auf gespeicherte Daten

Arbeitnehmer können vom Arbeitgeber Auskunft zu den über sie gesammelten Daten verlangen – sogar in Form einer Datenkopie. Dies garantiert die Datenschutz-Grundverordnung. Dazu gehören auch so sensible Daten wie Leistungs- und Verhaltensbewertungen und die Ergebnisse interner Ermittlungen – so das LAG Baden-Württemberg.


Darum geht es:

Der Kläger war Führungskraft in der Rechtsabteilung eines großen deutschen Fahrzeugherstellers mit Sitz in Stuttgart. Während seines Arbeitsverhältnisses kam es zu Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber. Schließlich führte der Arbeitgeber 2017 auch eine interne Compliance-Ermittlung gegen den Arbeitnehmer durch. Im Herbst kündigte das Unternehmen das Arbeitsverhältnis nach mehreren Abmahnungen wegen Minderleistung. 

Im Kündigungsschutzprozess verlangte der Arbeitnehmer Auskunft über sämtliche zu seiner Person gespeicherten Daten. Dabei stützte er sich auch auf seinen Auskunftsanspruch aus Art. 15 der im Mai 2018 in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Der Arbeitgeber verweigerte diese Auskunft. Er berief sich unter anderem auf den Schutz berechtigter Interessen so genannter »Whistleblower«, also Personen, die bei der Compliance-Ermittlung Auskünfte über den Kläger geliefert hatten.


Das sagt das Gericht:

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg entschied den Kündigungsrechtsstreit in der Berufungsinstanz zugunsten des Klägers.

Zudem verurteilte das LAG den Arbeitgeber, die Informationen umfassend offenlegen; dazu gehören auch die Erkenntnisse aus den internen Compliance-Ermittlungen. Er muss auch Auskunft über nicht in der Personalakte gespeicherte Leistungs- und Verhaltensdaten samt einer Kopie geben. Den Auskunftsanspruch stützt das Gericht auf Art. 15 Abs, 1 DSGVO. Der Anspruch auf Herausgabe einer Datenkopie in einem gängigen elektronischen Format ergibt sich aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO.

Der Einwand des Arbeitgebers, der Auskunft stünden schützenswerter Interessen anderer Arbeitnehmer entgegen, die als Hinweisgeber fungierten, änderte hieran nichts. Zwar setzt Art. 15 Abs. 4 DSGVO hier eine Grenze. Diese war nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg noch nicht überschritten.


Das bedeutet die Entscheidung für Sie:

Der neue Art. 15 DSGVO entfaltet Sprengkraft. Die Rechte von Arbeitnehmern, umfassend Einsicht in die über sie vom Arbeitgeber gesammelten Daten nehmen zu dürfen, wurden deutlich gestärkt. Ganz neu ist das Recht auf Aushändigung dieser Daten in Form einer elektronischen Kopie (Art. 15 DSGVO). Zudem gehört der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO zu den Rechten, deren Verletzung mit erheblichen Geldbußen belegt werden kann (Art. 83 DSGVO).

Rechtsanwalt Dr. Tassilo-Rouven König (Nägele Rechtsanwälte Stuttgart), der das Urteil für den Kläger erstritten hat sagte der Stuttgarter Zeitung, er erwarte eine »dramatische Zunahme« solcher Verfahren Mit dem noch wenig bekannten, kaum eingeschränkten Auskunftsrecht erhielten Arbeitnehmer ein »neues Druckmittel« gegenüber dem Arbeitgeber.


Die Vorschrift im Wortlaut:

»Art. 15 DSGVO

Auskunftsrecht der betroffenen Person

(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:

  1. die Verarbeitungszwecke;
  2. die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
  3. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
  4. falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
  5. das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung;
  6. das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
  7. wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten;
  8. das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.

(2) Werden personenbezogene Daten an ein Drittland oder an eine internationale Organisation übermittelt, so hat die betroffene Person das Recht, über die geeigneten Garantien gemäß Artikel 46 im Zusammenhang mit der Übermittlung unterrichtet zu werden.

(3) Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt.

(4) Das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Absatz 3 darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen.«


Quelle: www.bund-verlag.de