Änderung des Auswahlverfahrens nicht ohne den Personalrat
Führt eine Dienststelle für das Auswahlverfahren sogenannte Fallbeispiele ein, die dazu dienen, das Können der Bewerber zu überprüfen, unterliegt diese Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats. Denn dies sei eine Änderung des Auswahlverfahrens mit möglichen Auswirkungen auf die Auswahlentscheidung, so das OVG Norfrhein-Westfalen.
Das war der Fall
In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob die Erweiterung des Auswahlverfahrens seitens des Arbeitgebers um eine sogenannte Arbeitsprobe beziehungsweise Fallstudie, die das Auswahlgespräch ergänzt, mitbestimmungspflichtig sei.
Der Arbeitgeber war der Meinung, dass damit keine Änderung von Auswahlrichtlinien vorliege, weil durch die Fallstudie lediglich Erkenntnisse über fachliche, persönliche und soziale Merkmale der Bewerber gewonnen würden. Es gebe keine Vorgabe, dass Bewerber nur eingestellt würden, wenn das Ergebnis richtig sei. Es solle lediglich beobachtet werden, wie strukturiert die Bewerber an die Aufgabe herangingen und wie sie die Lösung präsentierten.
Der Personalrat als Antragsteller war der Auffassung, dass solche Fallstudien Einfluss auf das Auswahlverfahren hätten und insofern der Mitbestimmung unterlägen.
Das sagt das Gericht
Die Vorinstanz folgte dieser Auffassung nicht. Die Beschwerde vor dem OVG NRW hatte – soweit der Antragsteller sie nicht zurückgenommen hatte, Erfolg: Die Einführung von Fallstudien (zweistufiges Verfahren) im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren des Beteiligten unterliegt der Mitbestimmung des Antragstellers gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 14 LPVG NRW, so das OVG.
Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Richtlinien für die personelle Auswahl unter anderem bei Einstellungen.
Solche Auswahlrichtlinien sind »Grundsätze, die für eine Mehrzahl von personellen Entscheidungen bei Einstellungen, Versetzungen, Höhergruppierungen und Kündigungen positiv oder negativ vorwegnehmend festlegen, welche Kriterien im Zusammenhang mit den zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkten in welcher Weise zu berücksichtigen sind.«
Diese Kriterien sollen es also ermöglichen, den richtigen Bewerber für die ausgeschriebene Stelle zu finden, indem eine Rangfolge unter den Bewerbern gebildet wird. Zudem erhalten sie im Idealfall »Verfahrensregeln«.
Dementsprechend ist Gegenstand der Mitbestimmung neben der Festlegung von Entscheidungskriterien auch das Verfahren, in dem das Vorliegen dieser Kriterien festgestellt wird, sofern sie auf die Auswahl im eigentlichen Sinne Auswirkung haben: Sie müssen sich auf einen Bewerberkreis beziehen, der im geregelten Verfahrensgang jeweils schon vorhanden ist. Verfahrensschritte, die sich im Vorfeld des eigentlichen Auswahlverfahrens abspielen, unterliegen nicht der Mitbestimmung.
Das OVG stellt klar, dass ach diesen Maßgaben hier die Voraussetzungen des Mitbestimmungstatbestandes vorliegen. Es handele sich bei Einführung von Fallstudien als eine von zwei Stufen des Auswahlverfahrens um eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Einstellungen im Sinne des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 14 LPVG NRW. Die Fallstudien sind eine Verfahrensregelung, die sich auf die eigentliche Auswahl auswirken kann. Mit den Fallstudien soll in einem objektiven Verfahren die Auswahl unter den in Betracht kommenden Bewerbern gesteuert werden. Die Fallstudie dient der Bildung einer Rangfolge unter den zum Vorstellungsgespräch geladenen Bewerbern.
Das muss der Personalrat beachten
Die Dienststelle gibt mit den Fallstudien vor, in welcher Weise verfahren werden soll, um die Auswahl anhand der festgelegten Kriterien zu treffen – ein typischer Fall eines Mitbestimmungs-Tatbestands. Personalräte sollten bei der Einführung neuer Methoden für die Einstellung von Bewerbern besonders hellhörig sein und kritisch prüfen, ob die Mitbestimmungsrechte des Gremiums gewahrt sind.
Quelle: www.bund-verlag.de