Trotz Hitze gut arbeiten
Die heißen Tage sind da. Mit einer Betriebsvereinbarung »Wärmeentlastung« kann der Betriebsrat für alle Beschäftigten die Arbeitsbedingungen bei Hitze verbessern und Maßnahmen für ein angenehmes Raumklima vereinbaren. Wie das funktioniert und was er dabei beachten muss, erklärt Jens Gäbert.
Das vergangene Jahr hat uns sehr deutlich aufgezeigt, dass Sommerhitze die Arbeit erheblich erschweren kann. Das gilt zumindest für Arbeitsplätze, die nicht voll klimatisiert sind - also für mindestens 90 Prozent der bestehenden Arbeitsplätze. Nur in wenigen Betrieben existieren Betriebsvereinbarungen, die regeln, mit welchen Maßnahmen den gesundheitlichen Belastungen durch Wärme am Arbeitsplatz begegnet werden kann.
Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Wärmeentlastung ist eine präventive Maßnahme des Arbeitsschutzes. Sie basiert auf einer gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers auf der Grundlage von § 3a ArbStättV, die nur unter Beachtung der Mitbestimmung des Betriebsrats mit dessen Zustimmung durchgeführt werden kann. Die Betriebsvereinbarung muss so rechtzeitig in Angriff genommen werden, dass sie in Zeiten der Sommerhitze bereits vorliegt. Also schon jetzt mit einer Betriebsvereinbarung zur Wärmeentlastung für das nächste Jahr planen.
Mitbestimmen bei Hitze
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Anhang 3.5 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Diese Vorschriften verpflichten den Arbeitgeber dazu, für eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur zu sorgen.
Welche Anforderungen bei der Raumtemperatur zu erfüllen sind, legt seit 2010 ASR A3.5 fest. Sie schreibt vor, dass in Arbeits- und Sozialräumen, die Höchsttemperatur von 26 Grad grundsätzlich nicht überschritten werden darf. Dies gilt allerdings nur, solange auch die Außentemperatur nicht 26 Grad übersteigt.
Lufttemperaturen über 26°C
Führt eine übermäßige Sonneneinstrahlung dazu, dass auch bei Außenlufttemperaturen von nicht mehr als 26 Grad die zulässige Höchsttemperatur überschritten wird, muss der Arbeitgeber für eine Absenkung der Raumtemperatur sorgen. Dazu kann er zum Beispiel geeignete Sonnenschutzsysteme installieren, etwa Jalousien, hinterlüftete Markisen oder eine Sonnenschutzverglasung.
Lufttemperaturen bis +30 °C
Bis 30 Grad sind Arbeitnehmer weiterhin zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung verpflichtet. Allerdings soll der Arbeitgeber in diesem Fall geeignete Sonnenschutzmaßnahmen (s.o.) und darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Hierzu gehören: eine effektive Steuerung des Sonnenschutzes und der Lüftungseinrichtungen, Verlagerung der Arbeitszeit, Lockerung von Bekleidungsregeln und das Bereitstellen von Getränken.
Sind bei über 26 Grad schwere körperliche Arbeiten zu verrichten, müssen vom Arbeitgeber darüber hinaus weitere Maßnahmen ergriffen werden. Gleiches gilt für den Fall, dass besondere Arbeits- oder Schutzkleidung getragen werden muss, welche die Wärmeabgabe behindert, sowie für den Fall, dass besonders schutzbedürftige Beschäftigte – beispielsweise Schwangere oder hinsichtlich erhöhter Lufttemperatur gesundheitlich Vorbelastete - beschäftigt sind.
Lufttemperaturen von mehr als +30 °C
Bei Überschreitung der 30-Grad-Marke in Arbeits- und Sozialräumen ist der Arbeitgeber verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Lufttemperaturen von über +35 °C
Erst wenn die Temperatur am Arbeitsplatz auf über 35 Grad steigt, sind solche Räume für die Zeit der Überschreitung nicht mehr als Arbeitsraum geeignet. Allerdings kann auch bei diesen Extremtemperaturen ausnahmsweise die Arbeitspflicht weiter fortbestehen und zwar, wenn der Arbeitgeber Hitzeschutzkleidung zur Verfügung stellt oder besondere technische und organisatorische Maßnahmen ergreift. Dazu zählen Luftduschen, Wasserschleier, Entwärmungsphasen oder Hitzepausen. Die BGI Hitzearbeit zum Beispiel empfiehlt bei Raumtemperaturen bis 45 Grad Entwärmungsphasen von 15 Minuten pro Stunde.
So sehen Regelungen zur Wärmeentlastung in einer Betriebsvereinbarung aus
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3a ArbStättV ergeben sich zwei Regelungsbereiche zur Wärmeentlastung, die in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden können:
- Vorkehrungen und Einrichtungen zur Schaffung einer gesundheitlich zuträglichen Raumtemperatur
- Regelung konkreter Wärmeschutzmaßnahmen.
Gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur
Die Herbeiführung einer gesundheitlich zuträglichen Raumtemperatur nach ArbStättV Anhang 3.5 kann auch durch technische oder bauliche Maßnahmen hergestellt werden. Hierbei handelt es sich allerdings um erforderliche Maßnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 ArbSchG. Hierzu hat das BAG (18.7.2017 - 1 ABR 59/15) geklärt, dass die Regelung erforderlicher Maßnahmen zumindest das Vorliegen von Gefährdungen verlangt, die entweder feststehen oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung (Fragebogen, der ausgewertet wird) festzustellen sind.
Expertenrat: Deshalb ist zu empfehlen, eine Gefährdungsbeurteilung zugleich mit der Regelung zur Wärmeentlastung zu vereinbaren, da bei deren Anwendung ohnehin Temperaturen ermittelt werden müssen.
Dies bietet sich an, weil ohnehin Temperaturmessungen vorgenommen werden und entsprechend den Auslösewerten der ASR A 3.5 (das sind die Temperaturstufen) deren Prüfkriterien angewendet werden müssen. Dies gilt insbesondere für Pausenräume, da deren Klimatisierung erforderlich ist, um beispielsweise zusätzliche „Entwärmungspausen“ zu regeln und dann auch umsetzen zu können.
Regelung von Wärmeschutzmaßnahmen
Die Regelung von Wärmeschutzmaßnahmen ist eine präventive Regelung, die nur dann durchgeführt wird, wenn tatsächlich die in einer Betriebsvereinbarung auf der Grundlage der ASR A 3.5 geregelten Temperaturstufen erreicht werden.
Expertenrat: Mit den ebenfalls in der Betriebsvereinbarung geregelten Messverfahren wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, mit der Folge, dass die ebenfalls bereits in der Betriebsvereinbarung geregelten Maßnahmen der Wärmeentlastung getroffen werden müssen.
Quelle: www.bund-verlag.de