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Betriebsrat kann Unterlassungsanspruch verlieren

Stellt der Arbeitgeber Dienstpläne ohne den Betriebsrat auf, kann dieser Unterlassung verlangen. Dies ist ausnahmsweise unzulässig, wenn der Betriebsrat zuvor das Verhandeln über die Dienstpläne und sogar eine Einigungsstelle verweigert hat – so das BAG.

Das war der Fall

In einer Klinik arbeitet das Personal nach monatlichen Dienstplänen. Diese stimmten Arbeitgeber und Betriebsrat über lange Zeit einvernehmlich ab. Ende Januar 2015 beschloss der Betriebsrat, der Arbeitgeber solle die Dienstpläne spätestens vier Wochen vor deren Inkrafttreten vorlegen, damit das Mitbestimmungsverfahren spätestens zwei Wochen vor Beginn der Dienstplanperiode abgeschlossen werden könne.

Nun begann ein über Monate dauerndes Hin und Her. Der Arbeitgeber legte Dienstpläne vor, der Betriebsrat lehnte diese – überwiegend – ab. Der Betriebsrat wies in diesem Zusammenhang mehrfach darauf hin, dass der Arbeitgeber mit einem zu geringen Personalbestand plane. Das vorhandene Personal reiche nicht aus, um gesetzes- und tarifkonforme Dienstpläne aufzustellen.

Der Arbeitgeber beantragte dann für jeden Monatsplan die Zustimmung des Betriebsrats zum Einrichten einer Einigungsstelle, was dieser jedoch immer ablehnte. Die vom Arbeitsgericht eingesetzten Einigungsstellen konnten nicht tätig werden, denn der Betriebsrat stimmte den Sitzungsterminen nicht zu und benannte keine Beisitzer.

Der Arbeitgeber gab die Dienstpläne daher ohne Zustimmung des Betriebsrats bekannt. In der Folge verlangte das Gremium vom Arbeitgeber , es zu unterlassen, die Dienstpläne ohne seine vorherige Zustimmung umzusetzen.


Das sagt das Gericht

Das BAG verwehrte dem Betriebsrat, seinen Unterlassungsanspruch ausüben. Grundsätzlich kann der Betriebsrat verlangen, dass der Arbeitgeber Handlungen unterlässt, die seine Mitbestimmungsrechte verletzen (§ 87 Abs. 1 und § 23 Abs. 3 BetrVG). In diesem Fall hat der Arbeitgeber offenkundig gegen das Mitbestimmungsrecht bei der Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) verstoßen.

Der Unterlassungsanspruch scheiterte jedoch nach Ansicht des BAG ausnahmsweise daran, dass der Betriebsrat sein Recht »unzulässig« ausübt. Das BAG verweist auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Der verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat, sich »nach Treu und Glauben« zu verhalten und bei der Wahrnehmung ihrer Rechte die jeweiligen Interessen der anderen Betriebspartei zu berücksichtigen.

Die Arbeitgeberin hatte als Klinik den gesetzlichen Auftrag, eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Ohne Dienstpläne funktioniert ein Klinikbetrieb nicht. Es wäre folglich die – auch betriebsverfassungsrechtliche - Pflicht des Betriebsrats gewesen, beim Aufstellen der Dienstpläne mitzuwirken. Die Richter vermissten hier den konstruktiven Dialog des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber und Vorschläge für das Beilegen der Meinungsverschiedenheiten.

Die Richter sehen hier, dass der Arbeitgeber das seinerseits Erforderliche für die Mitbestimmung getan hat, indem er dem Betriebsrat die Dienstpläne vorgelegt hat. Aufgrund der Verweigerungshaltung – so die Richter – des Betriebsrats habe es für den Arbeitgeber aber keine echte Möglichkeit gegeben, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu wahren.


Das muss der Betriebsrat beachten

Auch völlig berechtigte Unterlassungsansprüche des Betriebsrats können ganz ausnahmsweise ihre Grenzen haben. Der Arbeitgeber kann den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erheben. Das heißt: es wäre missbräuchlich, wenn der Betriebsrat den Unterlassungsanspruch durchsetzen würde.

Dass der Betriebsrat in diesem Fall gegen die unzureichende Personalsituation bei seinem Arbeitgeber protestiert, ist legitim. Allerdings ist es aus Sicht des BAG nicht zulässig, dass das Gremium seine Beteiligung beim Aufstellen der Dienstpläne praktisch verweigert, um Druck für Neueinstellungen auszuüben.

Vor allem Krankenhäuser, Pflegeheime und ähnlicher Einrichtungen sind auf das Aufstellen kurzfristiger Dienstpläne angewiesen, um den Personaleinsatz und die Schichtarbeit zu koordinieren. Das BAG sieht den Betriebsrat in der Pflicht, hierbei mitzuziehen und zu versuchen, mit dem Arbeitgeber möglichst eine einvernehmliche Regelung zu erzielen. Sonst riskiert der Betriebsrat, dass der Arbeitgeber – wie hier – mitbestimmungswidrige Dienstpläne durchsetzt.


Was tun bei Personalmangel?

Für den Protest des Betriebsrats gegen eine zu dünne Personaldecke im Betrieb empfehlen Praktiker andere Wege. Dazu gehören:

  • Personalbedarfs- und Entwicklungsplanung des Arbeitgebers. Hier hat der Betriebsrat ein Unterrichtungs-, Vorschlags- und Beratungsrecht (§ 92 BetrVG).
  • Gefährdungsanzeigen: Beschäftigte, die eine Überlastung in ihrem Aufgabenbereich feststellen, die Arbeitnehmer oder Dritte, etwa die Patienten gefährdet, können dies im Rahmen des Arbeitsschutzes dem Arbeitgeber anzeigen. Der Betriebsrat kann die Beschäftigten dazu aufrufen.
  • Beschwerden: Bei Überlastung können Arbeitnehmer auch eine Beschwerde (§ 85 BetrVG) an den Betriebsrat richten. Der Betriebsrat kann diese Beschwerden mit dem Arbeitgeber erörtern. Verweigert der Arbeitgeber Abhilfe, kann der Betriebsrat sogar eine Einigungsstelle durchsetzen, die sich dieser Frage annimmt.


Quelle: www.bund-verlag.de